Studio Ausstellung in das Badische Landesmuseum, 2022
Schon 1844 formuliert Gottfried Keller im Wanderlied, was sich zunächst in der Art-and-Crafts-Bewegung Großbritanniens und in deren Folge im europäischen Jugendstil als künstlerische Doktrin manifestiert: „Und bin ich des Griechischen müde / So lockt mich die Moschee / Ich kleid’ in maurische Schnörkel / Mein abendländisches Weh.“
Als ich gefragt wurde, ob ich eine Ausstellung realisieren wolle, die mit zeitgenössischen Arbeiten Bezug auf das Thema unserer Großen Sonderausstellung Göttinnen des Jugendstils nimmt, kam mir auf Anhieb nur eine Künstlerin und ihr Werk, kam mir nur eine Persönlichkeit, ihr Leben und Sein in den Sinn: Parastou Forouhar. Eine Künstlerin, deren Werk längst hohe internationale Anerkennung erfahren hat, die Kunst-Stipendiatin namhafter Häuser in Deutschland, aber auch in Melbourne, Bombay, Rom, Istanbul und zuletzt auch in der Schweiz in Stein am Rhein an der Künstlerresidenz Chretzenturm war.
Seit 1991 in Deutschland, kann sie auf eine große Anzahl an Ausstellungen ihrer Werke zurückblicken. Ihre Arbeiten wurden als Einzelausstellung seit 2001 in Deutschland u.a. in Berlin, Bonn, Crailsheim, Göppingen, Frankfurt, München, Potsdam und Stuttgart gezeigt. Auch hier in Karlsruhe waren ihre Werke schon zu sehen. Im Rahmen der Frauenperspektiven 1001_Iran widmete sich 2009 eine Einzelausstellung in der Orgelfabrik in Durlach ihrem Werk. Außerhalb Deutschlands präsentierte sie ihre Werke zunächst in Norwegen, auch in den USA, Großbritannien und in verschiedenen Städten Italiens, um nur einige Beispiele zu nennen. Namhafte deutsche Museen stellten ihre Werke aus, wie die Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof in Berlin, das Forum im Dominikanerkloster in Frankfurt oder die Kunsthalle Göppingen, und Häuser außerhalb Deutschlands wie das Leighton House Museum in London. Gruppenausstellungen, in denen ihre Werke vertreten waren, spannen den Bogen noch weiter: Auf der Berliner Biennale war sie ebenso vertreten wie im Haus der Kulturen der Welt, im Pergamon Museum oder im Walter Gropius Bau, um nur den Standort Berlin zu nennen, in Frankfurt in der Kunsthalle Schirn oder im Museum für Angewandte Kunst, im deutschsprachigen Raum im Belvedere zu Wien, in der Neuen Galerie am Landesmuseum in Graz oder im Zentrum Paul Klee in Bern. Internationale Beachtung fanden ihre Werke auch weit über den europäischen Kontinent hinaus im Brooklyn Museum in New York, im Jüdischen Museum San Francisco, im australischen Melbourne, sowie in Asien in Istanbul und Beirut oder im Rahmen von Biennalen in Russland, Süd-Korea und Taiwan. Und im Iran?
Vor allem um eine im Jahr 2002 in der Teheraner Golestan Art Gallery ausgerichtete Ausstellung rankt sich eine wahre Begebenheit: Einen Abend vor Eröffnung riet man der Galeristin von oberster staatlicher Stelle, die Ausstellung im eigenen Interesse nicht zu zeigen. Im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Galeristin und Künstlerin wurde die Ausstellung jedoch trotz der deutlich ausgesprochenen Drohung nicht abgesagt. Vielmehr führten nach Entfernung der Bilder die bloße Präsentation der um ihren Inhalt beraubten leeren Bilderrahmen zu einer der erfolgreichsten und verkaufswirksamsten Ausstellungseröffnungen in Teheran.
Was ist das Charakteristische, die Hand- und Bildschrift ihres Werks? In ihren Arbeiten bedient Parastou Forouhar die kulturellen Stereotype des Eigenen und Fremden, durchbricht ihre falsche Lesbarkeit, indem sie nur eine geringe Abweichung von der Norm vornimmt. Es sind vor allem die bildnerischen Analysen des heute vielbeachteten Ornaments, mit denen ihr ein neuer Ansatz in der Kunst gelungen ist. In ihren Werken spürt sie der prekären Schönheit „maurischer Schnörkel“ in der gereihten Wiederkehr des immer gleichen Motivs auf: Einerseits Mysterium durch Gleichklang, andererseits Raster und Ordnung von weltanschaulicher Gewalt.
Das Ornament ist ungeachtet divergierender Formen und Stile der wohl typischste Ausdruck islamischen Weltverständnisses. Dem Gesetz der immerwährenden Gabelung gehorchend, wirkt ihre Spielart, die Arabeske, nicht nur in der Kunst, sondern in sämtliche Bereiche des Daseins hinein. Sie verselbstständigt sich in der Sprache, in der Schrift und Musik, in der Dichtkunst ebenso wie in Redewendungen oder im Gebet. Stets folgt das Ornament einem klaren Ordnungsprinzip, einem rhythmisierten Formenkanon. Schon die geringste Abweichung zerstört seine sinnbildliche Vollkommenheit, schon die kleinste Abwandlung im Muster das harmonische Gleichmaß seiner makellos schönen Oberfläche.
Parastou Forouhar knöpft sich in ihren Werken regelrecht das Ornament vor, durchschaut seine Ambivalenz und belegt bildnerisch die groteske Verknüpfung, die es mit der gesellschaftspolitischen Ordnung im Iran eingeht. Unter dem Deckmantel seiner alten Dynamik zwischen Form und Inhalt, reiner Ordnung und Symbol lauert die deutlich vernehmbare Sprache von Gewalt, Brutalität und Unterdrückung. Wie schon 1908 der wohl energischste Gegner des Jugendstils Adolf Loos, konstatiert sie dem Ornament das ihm innewohnende Verbrechen.
Kunstschaffende des Jugendstils erlagen bekanntlich der Faszination „maurischerSchnörkel“. Und noch heute ist man nicht abgeneigt, „abendländisches Weh“in dessen unterschiedliche Erscheinungsformen „zu kleiden“. Doch das Ornament hat auch eine Kehrseite. Ein ebenmäßig schöner äußerer Schein wie eine unantastbar innere Ordnung sind Garant für die Aufrechterhaltung diktatorischer Systeme. Mechanismen der Kontrolle und Überwachung sind hierfür unabdingbar, die Auflösung des Individuums und die Unterbindung jeglichen individuellen Ausdrucks eine zwangsläufige Strategie zur Erhaltung und Stabilisierung der Macht. Diese bis ins Detail in kontrollierte Prozesse eingepassten subtilen Strukturen der Macht unter dem Diktat des Ornaments offenzulegen, das gelingt Parastou Forouhar in ihrem Werk. Jenseits marktschreierischer Neo-Orientalismen in der zeitgenössischen Kunst enthüllt sie, was gerade zu verhüllen die Absicht war.
In der eigens unter dem Eindruck unserer Museumssammlung im Digitaldruckverfahren geschaffenen Arbeit Die Schmetterlinge verdichtet sich die Gleichzeitigkeit des Schönen und Schrecklichen im Gewand von Tagfaltern. Museumsgänger*innen betreten die Installation und mit ihr ein Archiv der Dinge, ihrer Geschichten und Erinnerungen. Zwischen vier Einheiten aus ordentlich nebeneinander gesetzten Schaukästen öffnen sich Wege. Diese Korridore enden in Sackgassen, die die ahnungslose Flaneur*in zum Stehenbleiben zwingen. Man darf sich in die Rolle einer passionierten Schmetterlingsforscher*in begeben, muss sich regelrecht über die erbeuteten Wunderwerke beugen, um ihr konserviertes Wesen zu erforschen. Was man von erhöhtem Standpunkt aus überblickt, ist in diesem System ohne Zentrum und Peripherie in seiner Konsequenz und Zwangsläufigkeit verstörend: In der geschmeidig zarten Form von Flügelpaaren offenbaren sich Schreckensszenarien, die von der Vielfalt von angewandten Foltermethoden, von Aggression und roher Brutalität durchsetzt sind: Geknebelte, Geknechtete, Geschundene, hinter Gittern Gesperrte, Exekutierte. Sinnbild für die Leichtigkeit, Zerbrechlichkeit und Flüchtigkeit des Seins entpuppt sich Schmetterling um Schmetterling das Totem-Tier zu einer Falle des Grauens.
Jeder dieser 144 Schmetterlinge gehört einer von insgesamt 13 Gattungen an und ist mit von ornamental aufgefassten Regimeopfern spiegelsymmetrisch gefüllten und sie konturierenden Flügeln ausgestattet. Jede Spezies trägt einen eigenen Namen. Diese zeigen rückwirkend jeweils ein historisch bedeutsames Ereignis in den letzten vier Dekaden der Geschichte Irans an.
Darunter der Flug PS 725, der auf den Linienflug von Teheran nach Kiew anspielt. Bei diesem Flug wurde am 8. Januar 2020 eine vollbesetzte Zivilmaschine der Ukraine Airlines kurz nach dem Start durch zwei iranische Flugabwehrraketen abgeschossen. In Nayzar wird an die Bewohner der Kleinstadt Mahshar im Süden Irans gedacht, die infolge der Preissteigerungen, für ihren Lebensunterhalt nicht mehr aufkommen konnten. Als sie im November 2019 aus Protest die Zufahrtsstraßen zu den Ölraffinierien blockierten und mit der Wucht des ganzen Staatsapparats konfrontiert wurden, flohen sie in die nahe gelegenen Bambusfelder. Unter dem Hagel des Raketenbeschusses tränkte ihr Blut den Sumpf rot.
Den Opfern von wiederholten Säureattacken widmen sich die Flügel in Befleckt. In Zankoshi wird auf die offiziellen Ehrenmorde an Frauen angespielt, die von der zutiefst frauenfeindlichen Haltung des Regimes künden. Der Schmetterling Dokhtar e Abi hält die Erinnerung an jenen Fan des Fußballvereins Esteghlal lebendig, der trotz Aussperrung von Frauen vom Stadium in der Vereinsfarbe Blau gekleidet, nur ein Spiel besuchen wollte. Aus Protest gegen eine drohende Gefängnisstrafe zündete sich am Ende das Mädchen selbst an und wurde zur Ikone der Protestbewegung. In Haft Tappe erinnert der Tagfalter dem Aufstand der Arbeiter der Zuckerrohrfabrik im Südwesten Irans. Nach friedlichen Protesten in Folge ausbleibender Gehälter wurden 2018 mehrere Vertreter des Syndikats inhaftiert. Sie legten den Grundstein für eine neue Arbeiterbewegung im Iran. Dem Andenken an die gewaltsame Zerschlagung der Grünen Bewegung im Jahr 2009 sowie die Einsperrung und brutale Misshandlung ihrer friedlich demonstrierenden Akteure in den berüchtigten Gefängnissen Irans widmen sich die mit Nadeln aufgespießten Schmetterlinge Grüne Zeiten, Ewin und Kahrizak.
An erschütternde historische Ereignisse der letzten Jahrzehnte erinnert der Schmetterling 22. November mit dem Doppelmord an Dariush und Parwaneh Forouhar. Die Eltern von Parastou Forouhar gehörten zu den berühmtesten Oppositonspolitikern Irans, die ein Leben lang für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Einhaltung der Menschenrechte eingetreten waren. Im Zuge der Schriftstellermorde von 1998, die als „Kettenmorde“ in die Geschichte Irans eingingen, wurden sie vom iranischen Geheimdienst ins Visier genommen und auf brutalste Weise ermordet. Der Schmetterling Khavaran beschreibt wiederum das Massengrab am südöstlichen Rand Teherans. Als traditionelle Begräbnisstätte für religiöse Minderheiten, deren Leichnam die Ruhestätten von Muslimen nicht kontaminieren durften, wurden hier von 1981 bis 1988 unzählige politische Gefangene nach Exekutierung anonym begraben, um sie dem Vergessen anheim zu stellen…
Die in der mystischen Dichtkunst Persiens als hingebungsvoll und bis zum Opfertod liebend gepriesenen Falter verwandeln sich durch Ornamentierung in erstaunlich ästhetisch anmutende Artefakte. Von den Schmetterlingen versinnbildlicht werden die alte Kultur Persiens, ihre hohe Dichtkunst und die Erinnerung an Heimat, Geborgenheit und Mutterliebe. Nicht zufällig zitiert der Schmetterling – im Persischen Parwaneh – den Vornamen von Parastous Mutter. Doch im Gegenzug zu diesen positiv besetzten Assoziationen wird bei Betrachtung der Forouharschen Insekte klar, dass nichts als eine fatale Schönheit die Geschöpfe auszeichnet.
In den digitalen Zeichnungen zu Unwetter konterkarieren Wolken die alte Bedeutung der Schönwetter-Wolke. In der Kunst europäischer Altmeister Symbol für die Verhüllung des Heiteren, enthüllen diese zu Gewitterwolken am Himmelzelt fixierten, vom Martyrium des Menschseins gezeichneten Gebilde das Verbrechen auf Erden. Wolken, die sich aus dem Abbild Geknechteter formieren, entlassen aus ihrer Mitte statt segensreicher Regentropfen, kristallin gefrorene Rinnsale von Blut.
Zu graphischen Ornamenten mutieren Blicke in der Installation Augen. Wie auf einer ausgebreiteten Landkarte eingebettet, entwachsen Augen aus dem Dickicht menschlicher Gliedmaßen, werden beäugt und beäugen ihrerseits den sie Betrachtenden. Rapportartig bewacht und überwachend, zitieren sie die allgegenwärtig wachsame Pupille wie das ins Visier genommene Auge, das sich längst häuslich eingerichtet hat. Im Sinne Michel Foucaults öffnet sich hier ein Panoptikum, dessen Ordnungsprinzip zum Modell neuzeitlicher Überwachungsgesellschaften wurde: In dem Wissen um die ständige Möglichkeit der Beobachtung durch einen ihn Überwachenden passt sich der Mensch in seinem Verhalten den an ihn gestellten Erwartungen an. Er verinnerlicht den Mechanismus und macht den Fremdzwang zu etwas Eigenem, womit nach Foucault die Machterlangung ein „beispielloses Ausmaß“ erfährt.
In unserem Titel zur Großen Sonderausstellung ist von den Göttinnen die Rede. In unserer nächsten Volontärausstellung Museumhelden von Held*innen. Titel, die uns verheißungsvoll versprechen, von großen Taten, himmlischen oder heroischen Fähigkeiten und Eigenschaften vergangener Tage zu berichten. Worin liegt für unsere Zeit die Magie dieser Begriffe?
Jede Kultur kennt reale oder fiktive Helden. Ihr Heldenruhm begründet Legenden und Sagen. Soziologen sehen in Zeiten sozialer Umwälzungen oder nationaler Krisen ein starkes Bedürfnis nach Helden voraus, die durch ihren Mut, ihre Aufopferungs- oder Einsatzbereitschaft für Ideale oder Mitmenschen zum Vorbild werden. Oft schon wurde mit diesem Begriff durch alle Zeiten hindurch und kulturübergreifend Schindluder getrieben, im Personenkult, in der Propaganda, durch einen praktizierten Märtyrerkult, durch Selbstmordattentäter, durch Extremistenmilizen, deren Geltungswillen und Zerstörungswut längst nationale und geografische Grenzen überwunden haben. Neben all diesen Großtuern, Maul- und Möchtegern-Helden, gibt es bekanntlich die eigentlichen Held*innen des Lebens.
Im Jahr 2012 führte der ZDF-Sender aspekte ein Interview mit Parastou Forouhar. Nicht zum ersten Mal sprach sie vor laufender Kamera über die Rolle ihrer Eltern als berühmte Oppositionspolitiker im Iran, über deren brutale Hinrichtung durch den iranischen Geheimdienst im Jahr 1998 und die anschließenden Vertuschungspraktiken der Regierung bei der Aufklärung dieser Morde. Auf die Frage der Reporterin, ob sie sich von ihren Eltern habe verabschieden dürfen, berichtet sie von dem Tag, an dem sie in den Räumen der Teheraner Gerichtsmedizin entgegen der offiziellen Bestimmungen und trotz autoritären Gehabes der Umstehenden darauf bestanden hatte, nicht nur die Übergabe der Leichen schriftlich zu quittieren, sondern auch ihre bestialisch zugerichteten Leiber mit eigenen Augen zu sehen; wie sie nach langem Warten durch einen engen Hinterhof zu einem Transporter mit geöffneten Türen und zwei Rollliegen geführt worden war und Schicht um Schicht die alten Decken beiseite geschoben hatte, die den mutwillig zerstörten Leib der Mutter verhüllten. All dies erzählt sie fast tonlos, ohne jede Theatralik oder bemühten Pathos, stets auf jene Objektivität bedacht, die erst das Erzählte zu einem Dokument der Zeitgeschichte werden lassen. Ungeachtet ihrer persönlichen Gefühle führte sich Parastou Forouhar die von unzähligen Messerstichen aufgeschlitzten Brustkörbe und die von Wunden übersäten Körper ihrer Eltern vor Augen. In der Nacherzählung dieses Augenblicks ergreift sie ein kurzer Moment der Sprachlosigkeit, in dem das Gesehene zu einem Bestandteil einer nie verjährenden oder an Pein abnehmenden Gegenwart wird.
In ihrem Buch, Das Land, in dem meine Eltern umgebracht wurden. Liebeserklärung an den Iran, dessen Titel schon ihre ambivalenten Gefühle für den Iran offenbart, schildert sie diesen Augenblick mit der gleichen berührenden Intensität wie im Interview: „Ich kann den Anblick dieser Körper nicht in Worte fassen, sie auch nicht zeichnen. Wann immer ich mich an das Gesehene erinnere, überkommt mich eine Stummheit, und der Sog dieses kargen Bildes, hinterlassen von einer tollwütigen Zerstörung, zieht mich in sich hinein. Ich kann nur mich selbst beschreiben – den Abgrund in mir und meinen vormals glücklichen Blick, der in den Löchern der Wunden erblindete“.
Die Wahl der Metapher und die als politisch motivierter Appell dienende Wiederholung des Erlebten – die poetische Kraft der Formulierungen in Wort und Bild, die das Verbrechen be- und umschließen, als ob sie das Grauen in einen zarten Kokon aus Liebe hüllen wollten: das sind Aspekte der Persönlichkeit Parastou Forouhars. Betrachtet man ihr künstlerisches Werk, so wird man verstehen: das eigenartige Durchdringen von Liebe und Verachtung, von Ästhetik und Brutalität, die eine bizarre Verbindung miteinander eingehen
Parastou Forouhar, deren unermüdliche Hartnäckigkeit bei der Aufklärung der Kettenmorde 1998 und deren furchtloser Auftritt gegenüber den Machthabern und Schergen des Regimes Iraner*innen im In- und Ausland beispielloses Vorbild ist, hat sich von der Angst nie beherrschen lassen. Im Wissen darum, dass das Regime seit Jahren auf Einschüchterung setzt und sie regelmäßig, etwa durch die Verhängung von Ausreiseverboten an der Rückkehr nach Deutschland hindert, fliegt sie jeden Novembermonat anlässlich des Todestages ihrer Eltern in den Iran. Nicht anders als in ihrer Kunst nagelt sie durch ihre bloße Präsenz im musealisierten Elternhaus die Ahndung des Unrechts ins kollektive Gedächtnis fest.
Ja, es gibt sie heute noch: die Spezies Held, die aus dem Dickicht des oberflächlichen Scheins ihren Kopf herausreckt und uns zu ihrem Sein hoffnungsfroh aufschauen lässt.
< Back