Kunstzeitung, März 2001
Nach der Vernissage von Markus Szikszay im Ausstellungsraum der Frankfurter Sparkasse trafen wir uns am 8. Januar alle noch in einer benachbarten Gastwirtschaft. Wir waren etwas spät, und so ergab es sich, situationbedingt, dass ich an einem Frauentisch saß, mit den Künstlerinnen Parastou Forouhar, Phyllis Kiehl, Gabi Schirrmacher, der Kritikerin Dorothee Baer-Bogenschütz, der Leiterin des Sparkassenausstellungsraums, Sigrid Bothe, sowie der Galeristin Natalie de Ligt. Ich möchte diese Tafelrunde als legendär einstufen. Die Gespräche verliefen deftig, provokativ und irre komisch, vor allem zwischen Parastou Forouhar und Gabi Schirrmacher, die zusammen vor einigen Jahren in Jordanien Gemächer eines Palastes restauriert hatten. So hatte ich Parastou noch nie erlebt. Sie, die schöne, stattliche Frau, souverän, stets unauffällig gekleidet und zurückhaltend, ging voll aus der Reserve. Ihre dunklen Augen leuchteten, ihr Lachen steckte an.
Parastou Forouhar (Jahrgang 1962) ist Iranerin, studierte von 1984 bis 1990 an der Universität Teheran Kunst und lebt seit 1992 in Offenbach. Kürzlich hatte sie eine Ausstellung bei Natalie de Ligt. Diese Schau war ganz und gar Parastous Bemühen um die Aufklärung des Mordes an ihren Eltern gewidmet. Am 21. November 1998 wurden Vater und Mutter, beide oppositionelle Politiker, in ihrem eigenen Haus meuchlings ermordet. Die Dokumentation in der Galerie an der Oppenheimer Straße zeichnet ein düsteres Bild gewalttätiger Repression gegen Intellektuelle, wie wir sie hierzulande zwischen 1933 und 1945 gekannt haben. Dennoch Parastou Forouhar liebt ihr Land und sagt: ”Irgendwann habe ich angefangen, um den Begriff Heimat eine Illusionburg zu bauen. Und seitdem wächst meine Heimat unsichtbar und schön in meine Gedanken.”
Dei Ausstellung entsprach Parastous Wunsch. Sie wollte deutlich machen, was se heißt, mit zwei Kulturen in der Seele zu kämpfen. Während im Westen den Künstlern die Ideen ausgehen, kämpfen dei Emigranten um Inhalte, die sie schier zerreißen, verstärkt in diesem Fall durch die islamische Tradition der Bilderfeindlichkeit. Natalie de Ligt hat mit Parastou Forouhar eine unlimitierte und signierte Edition herausgegeben. Sie besteht aus einem zweiseitigen Brief der Künstlerin an den Präsidenten der Obersten Justizbehörde in Teheran, eine Beschreibung des kafkaesken Weges durch eine Behörde, in der sich niemand für zuständig hält. Diese Brief-Edition, fein säuberlich im Passepartout gerahmt(250 Mark), ist bei uns im Museum für Moderne Kunst ausgestellt. Ich bin der Meinung, Parastou Forouhars Brief müsste in allen öffentlichen Institutionen hängen und sämtliche Besuchern zugänglich sein.
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